Jan Muche

"Meine Arbeiten entstehen immer aus einer Kontinuität heraus. Auch wenn sie formal oder von der Materialität her etwas ganz anderes aussagen, haben sie doch alle miteinander zu tun."
Die Gemälde des 1975 in Herford, Ostwestfalen, geborenen Künstlers Jan Muche sind abstrakte Arbeiten mit dreidimensionaler Wirkung. Sie zeigen ein Neben- und Übereinander von Trag- und Spannkonstruktionen von Brücken, Strommasten, alten Fabrikhallen und setzen sich aus vielen kontrastreichen Farbflächen zusammen. „Viele [Bilder] zeigen moderne Maschinen und Apparaturen. Die Motive stammen aus alten Zeitschriften und Büchern. … Das Spiel mit Farbflächen und Formen, das Sichtbarmachen und gleichzeitig das Auflösen von Strukturen – diese alten Maschinen eignen sich besser für meine Form von Malerei. … Die Motive sind Vorwände, um malen zu können“, erklärt der Künstler. 1992-1995 Lehrstelle als Lithograph, 2001-2006 Master-Studium der Malerei unter Prof. K.H. Hödicke an der Universität der Künste, Berlin, 2008-2011 Lehrauftrag an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, 2011 Gastprofessur für Malerei an der CDK Hangzhou / China. Jan Muche lebt und arbeitet in Berlin.
SCORING

74/90

27 P Ausbildung

23 P Arbeit

24 P Aussagekraft

Wer bist du?

Ich bin Jan Muche, Maler und Bildhauer. Schon lange lebe ich in Berlin und bin hier als freischaffender Künstler tätig.

Warum bist du Künstler geworden?

Das Malen war bei mir die logische Folge einer ganzen Reihe von Versuchen, andere Berufe auszuüben. Irgendwie hat es so nie richtig geklappt. Dieses jobgebundene Arbeiten war nichts für mich. Ich muss mich mit mir selber beschäftigen, etwas tun, was aus mir selbst herauskommt. So lag das Malen irgendwie nah. Erst war es auch ein Versuch, aber ich bin dabeigeblieben. Zudem hat mir die Malerei ein ziemlich selbstbestimmtes Leben garantiert und darum habe ich mich am ehesten darauf fokussiert.

Was gibt dir das Malen?

Das Malen gibt mir unheimlich viel. Ein gutes Beispiel dafür ist: In manchen Phasen meines Lebens wäre ich gerne Architekt geworden. Nur hat mir dazu immer die Disziplin gefehlt. Wenn ich architektonische Formen und Fragmente malerisch umsetze und sie dann für mich auch irgendwie plastisch fühlbar mache ist Malen eine tolle Möglichkeit. Denn es ermöglicht mir, Dinge so darzustellen, wie man sie sich nur selber vorstellen und sie selber für sich umsetzen kann.

Was bedeutet dir malen?

Malen bedeutet für mich Freiheit. Freiheit des Ausdrucks und die Gestaltungsmöglichkeiten, meine Interessen in ein bildhaftes Objekt umzusetzen. Malen ist auch schlicht mein Broterwerb, mein Beruf. Mir ist das wichtig zu sagen, denn es wird immer viel über kreative Impulse gesprochen. Das halte ich für Blödsinn, weil dies der kleinste Teil der Arbeit ist. Ein Lieblingszitat von mir (ich glaube es ist von Chuck Close) ist: ‘Nur Amateure warten auf Inspiration, wir anderen gehen einfach arbeiten’. Inspiration halte ich für ein Schlagwort, das professionelle Künstler eigentlich nicht gerne hören und mögen. Inspiration hat eher etwas Amateurhaftes. Wenn man einen Töpferkurs besucht und man es noch nie gemacht hat, braucht man Inspiration. Die Ideen sind bei mir schon da, dafür brauche ich die Inspiration nicht.

Gibt es eine Welt ohne Kunst für dich?

Eine Welt ohne Kunst ist für mich schwer vorstellbar. Zum einen müsste ich mir ganz dringend eine andere Arbeit suchen und zum anderen fände ich es sehr langweilig. Das wäre ein harter Schlag für mich.

Woran arbeitest du im Moment?

Im Moment arbeite ich an grossformatigen Papierarbeiten. Das hat auch mit der aktuellen Pandemiesituation zu tun, weil ich sehr viel zu Hause gearbeitet habe. Papier lässt sich viel leichter als großformatige Leinwände handhaben. Papier hat für mich auch einen ganz besonderen Reiz, weil es eine ganz andere Materialität als Leinwand hat. Die Farben entfalten sich dort anders und reagieren auch anders.

Die aktuelle Serie umfasst architektonische Papierarbeiten, welche sich auf alte Industriebauten und Strukturen beziehen. Diese Arbeiten haben eine ganz eigene Form der Farbgebung, die zum Teil auch sehr dunkel und düster sein kann. Das sind Farbgebungen, die ich mir von meiner Umgebung her abgucke. Früher wurde in Ostberlin zum Beispiel fast alles in diesen leicht mediterranen Beige- und Brauntönen gehalten. Das strahlt eine unglaubliche Wärme und Intensität aus, die dann aber im November bei Nieselregen auch umkippen kann in eine sehr depressive Stimmung. Beides hat für mich trotzdem einen Reiz, um Atmosphären darzustellen.

Wie gehst du bei deinen Arbeiten vor?

Der Aufbau meiner Bilder und wie diese sich entwickeln ist eng mit Lasurmethoden verknüpft. Das heißt, ich setze eine bestimmte Farbgebung, lasiere sie über, zerstöre sie damit auch und muss sie dann mit helleren oder dunkleren Farben herauskitzeln. Dadurch ergeben sich Patina Schichten, die ich einfach reizvoll finde. Sie vermitteln einen Eindruck von Alterungsprozessen, von Rußüberzug und das passt zu Berlin, da hier früher noch sehr viel mit Braunkohle geheizt wurde. Das möchte ich gerne mit in die Bilder hereinnehmen, da dies sehr spezifische Farbgebungen sind.

Was macht deine Individualität aus?

Patina ist in der zeitgenössischen Kunst nicht sehr beliebt, wenn ein Bild zum Beispiel auf den ersten Eindruck wirkt, als wäre es schon älter, weil es patiniert ist. Die Assoziation zu dieser neuen Kunst ist somit sehr schwierig. Das ist aber genau das, was mich reizt. Mich stört in der zeitgenössischen Malerei diese permanente ‘jetzt’ Aktualitätsbehauptung. Mich interessiert eher die Umkehrung. Kann ein hochaktuelles Bild auch so aussehen, als hätte es seit Jahren in Bitterfeld an einer Hauswand gehangen? Ich habe auch einen Anspruch auf Zeitlosigkeit.

Was für Farben und Werkzeuge verwendest du?

Ich male überwiegend mit Acrylfarbe und Tusche. Das ist ein relativ günstiges Material, was mir erlaubt, eher grosszügig arbeiten zu können. Ich arbeite aber auch mit gefundenen Materialien, wie zum Beispiel mit Asche, Rußabsonderungen aus Schornsteinen, alten Hauswänden oder Kohlenkellern. Mit ihnen kriege ich eine Patinierung und Farbgebung hin, die ich mit kommerziell erworbenen Farben kaum herstellen kann. Mich reizt zudem, dass ich Material aus den Strukturen hole, die ich dann auch darstellen möchte.

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Was geht während des Arbeitens in dir vor?

Das ist sehr schwer zu sagen. Manchmal ist es nur Farbe, teilweise sind es die Strukturen. Das variiert je nach Prozess oder Prozessschritt, in dem ich mich gerade befinde.

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