Kubach und Kropp

"Anfassen ist einfach, berühren ist Kunst."
Livia Kubach 1966 geboren in Bad Münster am Stein. Tochter des Künstlerpaares Kubach-Wilmsen. 1987 - 1994 Studium der Bildhauerei an der Kunstakademie in Düsseldorf bei Tony Cragg und Günther Uecker. Meisterschülerin von Günther Uecker. Michael Kropp 1960 geboren in Köln. 1986 - 1991 Studium der Sozialpädagogik an der Fachhochschule Köln (Diplom), Musiker (Gitarre, Mundharmonika, Schlagzeug, Percussion), als bildender Künstler Autodidakt. Das Künstlerehepaar lebt und arbeitet seit 1992 in Bad Kreuznach. Für Kubach und Kropp ist Stein mehr als nur ein Material, es ist ein Millionen Jahre altes lebendes Medium, das die Künstler mit angemessenem Respekt und Einfühlungsvermögen behandeln und in eigenständige Kunstwerke verwandeln, die oft beweglich sind und an die Grenzen des Möglichen gehen. Einzigartig ist, dass sie "gespielt" werden können. Sie erklingen, wenn sie berührt oder bewegt werden und machen „Steinmusik“.
SCORING

72/90

27 P Ausbildung

23 P Arbeit

22 P Aussagekraft

Wie ist euer Werdegang?

Livia: Ich bin in einer Künstlerfamilie aufgewachsen und war immer von Kunst umgeben. Meine Eltern haben uns 4 Kinder darin sehr unterstützt und gefördert.

Es war ein großes Selbstverständnis: Kunst und „Künstler sein“ war für uns das Normale. Dagegen war das Leben der Anderen, der „nicht Künstler“, für uns etwas Besonderes. Wir Kinder haben selbstverständlich im Atelier der Eltern mitgearbeitet und unsere Ideen verwirklicht.

Michael: In der Kunst bin ich ein Quereinsteiger. Ich habe zwei handwerkliche Ausbildungen und ein pädagogisches Studium absolviert, daneben immer als Musiker gearbeitet. Die Geburt unserer ersten Tochter hat mich dann zur Bildhauerei gebracht. Ich habe mich da oft gefragt: wie kommt das Neue in die Welt? Wie gestaltet man etwas dauerhaft? Meine Freude am Gestalten war und ist so groß, dass ich dann daraus meinen Beruf gemacht habe.

Welche Bedeutung hat deine Arbeit für dich und was schätzt du an ihr?

Livia: Ich schätze an meiner Arbeit, dass ich jeden Tag die Freiheit habe, das zu tun, was ich schöpferisch möchte. Mit allen anderen Berufen verbinde ich die Vorstellung, dass ich an bestimmte Regeln gebunden wäre. Regeln wie: früh aufstehen und ein bestimmtes Pensum Arbeit für Andere erledigen. Als Künstlerin habe ich die Freiheit, so spontan zu agieren, wie ich es tagtäglich empfinde. Es stärkt mich, dass ich „mein Eigenes“ leben kann.

Michael: Die Arbeit mit der Kunst ist für mich keine Arbeit. Sie inspiriert mich nun seit so langer Zeit, spornt mich an und bleibt immer noch etwas Besonderes. Meine Arbeitsprozesse am Stein holen mich oft in eine andere Realität. Die Maschinen laufen und ich höre den Fortgang der Arbeit. Ich mag es nicht, bei der Arbeit gestört zu werden. Wenn jemand kommt und etwas von mir will, reißt er mich völlig aus meiner Sache und eigenen Welt heraus. Und wenn ich da herausgerissen werde, ist es vorbei.

Wie nimmst du das Material Stein wahr?

Livia: Unser „Material“ ist lebendige Materie, geballte Energie im Sinne eines Körpers. Ein Stein ist ein Symbol der Unvergänglichkeit. Obwohl er beständig stirbt, verwittert, sich zersetzt und verändert, ist er doch nie ganz tot, im Gegenteil - er lebt. Er ist so unvorstellbar alt und verändert sich nur wenig im Laufe der Zeit. Stein hat immer eine starke eigene Wirkung auf uns Menschen und als Künstler arbeiten wir sozusagen mit ihm zusammen.

Wie unterscheidet sich euer Arbeitsvorgang von anderen?

Livia: Wir arbeiten viel mit Kernbohrungen, welche oft unser Gestaltungsmerkmal sind. Bei Kernbohrungen bleibt das Innere des Steins in Form einer Säule erhalten. Diese Löcher und Säulen gestalten unsere Skulpturen, sie stehen z.B. bei den „Säuleninseln“ und „Klanginseln“ lose im Kunstwerk und lassen die Skulptur erklingen. Wenn die Säulen neu zusammengefügt werden ergeben sie neue Formen, wie die „Steintropfen“ oder die „Steine für die Geborgenheit“, die man so noch nicht gesehen hat.

Ihr seid ein Künstler Ehepaar – wie ist das denn so?

Livia: Es ist schon besonders als Künstlerpaar zu arbeiten und dass ich meine weibliche Sichtweise künstlerisch so stark ausdrücken und zeigen kann.

Unsere Zusammenarbeit durchdringt ja alle Lebensbereiche und lässt erweiterte Erfahrungen zu, dass sowohl der weibliche wie auch der männliche Ausdruck in der Skulptur repräsentiert wird.

Ich glaube, dass Frauen mehr im „Innen“ sind, zurückhaltender und subtiler agieren. Die klassische Steinbildhauerei war männerdominiert und wurde körperlich mit hohem Kraftaufwand im Männerteam betrieben. Männer verausgabten sich sozusagen beim „Steine kloppen“ an der Außenform des Materials und Frauen bekamen erst gar keine Chancen sich in Stein auszudrücken.

Heute haben Frauen diese Chance und heute wächst die Erkenntnis, dass diese ungesehene weibliche Sichtweise fehlt. Nur so kann ich mir den neuen Erfolg der Frauen speziell in der Bildhauerei erklären.

Als Paar gilt für mich einfach das Motto: 4 Augen sehen mehr als zwei.

Michael: Ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit ist, dass wir sie zusammen machen: Bildhauerei als Team mit einem Mann und einer Frau. Das sind zum einen die Arbeitsprozesse, die vielleicht einfacher sind, weil ich die Kraft dazu habe. Auf der anderen Seite ist die gemeinsame Auseinandersetzung zur Gestaltung des Steins enorm wichtig. Das ist ein langwieriger und konstruktiver Prozess, in dem wir uns auch streiten und auseinandersetzen, um das bessere Ergebnis zu finden. Wir erstaunen den Betrachter immer wieder damit, dass unsere Skulpturen von zwei Personen erdacht und ausgeführt sind.

Was gibt dir Kunst?

Livia: In der Kunst kann ich mich komplett auf das konzentrieren, was ich aussagen und erarbeiten möchte. Die Kunst gibt mir die Möglichkeit mich auszudrücken.

Wie gehst du bei deiner Arbeit vor?

Livia: Es gibt in der Kunst einerseits die Auftragsarbeit, bei der wir ganz klare Vorgaben erhalten, was sich jemand wünscht oder was notwendig ist, zum Beispiel für „Kunst am Bau“. Bei solchen Aufträgen müssen wir uns genau an Vorgaben halten und den Stein in bestimmte Maße zwingen

Auf der anderen Seite gibt es die ganz freie Arbeit. Da finde ich einen Stein und erkenne sofort, was daraus werden kann.

Wenn ich einem Stein begegne und einen Geschmack im Mund bekomme, weiß ich sofort, dass aus ihm etwas Besonderes werden kann. Das bedeutet, dass bei einer Begegnung mit einem Stein meine Sinne reagieren müssen. Der Stein muss mich in seinen Bann ziehen. Alles Weitere ergibt sich. Die handwerklich harte und schwere Arbeit wird ganz leicht, wenn ich vom Stein fasziniert bin.

Michael: Um mit Steinen zu arbeiten braucht man Struktur. Der Stein stellt sich mir nicht als Gegner, sondern als Mitspieler dar. Wenn ich erkenne, was sich in dem Stein verbirgt, hilft er mir. Wenn ich ihm etwas aufzwingen möchte, besteht die Gefahr ihn zu verlieren. Er ist Materie und nicht einfach nur Material. Wenn ich nicht erkenne, was in dem Stein drin ist, habe ich wenig Chance tolle Kunst daraus zu machen.

Mit welchen Instrumenten und Werkzeugen arbeitet ihr?

Livia: Wir arbeiten viel mit Hartgestein: Granite und Quarze, welche man aufgrund ihrer Härte nur mit noch härterem Stein: mit Diamanten bearbeiten kann.

Hammer und Meißel richten da kaum etwas aus, im Gegenteil, mir erscheint diese altmodische Bearbeitung wie eine Gewaltspirale mit sichtbaren „Misshandlungsspuren“.

Wir arbeiten gerne „minimal invasiv“, fast „unsichtbar“ mit präzisem Diamantwerkzeug und von Wasser unterstützt. Das Wasser kühlt den Diamanten, während dieser sich vorsichtig in den Stein sägt oder schleift. Somit erfährt der Stein keine tiefen Verletzungen, sondern wir „schälen“ ihn quasi. Dies ist ein sehr langsamer fast zärtlicher Prozess. Eine diffizile Arbeit, bei der ich viel Gefühl einsetzen muss, weil sich der Diamant am Hartgestein schnell heiß laufen kann.

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Worin unterscheidet sich eure Kunst von der anderer Steinbildhauer?

Livia: Unsere Skulpturen sind oft beweglich und mit ihrer Beweglichkeit klingen sie. Man kann sie „bespielen“, sie machen Musik: Steinmusik.

Die Kernbohrungen öffnen den Stein für das Licht: es entstehen lichtdurchflutete Strukturen, Materie und Antimaterie begegnen sich in den Skulpturen.

Michael: Wir überraschen den Betrachter häufig durch die Kinetik oder durch den Klang unserer Skulpturen. Der typisch tiefe und harmonische Klang des Granits ist etwas ganz Besonderes. Diese Töne suchen und arbeiten wir ganz bewusst heraus, z.B. bei den „Steinen für die Stille“ oder den „Klanghäusern“. Hinzukommt, dass wir versuchen, den Stein ganzheitlich zu erfassen. Unsere Skulpturen sollen mit allen Sinnen wahrgenommen werden.

Darf denn eure Kunst angefasst werden?

Livia: Der Betrachter soll ergriffen sein. Egal, ob das wegen des Klangs, des Lichtspiels oder wegen der Form ist. Ein Stein darf ruhig auch „unfertig“ wirken und seine natürlich gebrochene verwitterte Oberfläche zeigen und sich in seiner ursprünglichen natürlichen Form zeigen, wie z.B. bei den „Augensteinen“.

Mit meiner Gestaltung möchte ich den Stein verwandeln in seine beste Variante, ich möchte, dass der Betrachter ihn genauso liebt wie ich.

Michael: Ja, für uns ist es besonders wichtig den Betrachter zu erreichen. Die folgende Metapher bringt es auf den Punkt: anfassen ist einfach, berühren ist Kunst.

Zu guter Letzt...

Das Ergebnis, das fertige Kunstwerk, macht uns dann besonders glücklich, wenn wir die Betrachter berührt haben. Dies ist für uns die größte Freude.

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