Hanspeter Münch

"Alles was in mir vorgeht, was ich sprachlich oder in anderen Medien nicht formulieren kann, formuliert meine Malerei."
Hanspeter Münch arbeitet und lebt in Ettlingen bei Karlsruhe. Von 1974 bis 1985 hatte er einen Lehrauftrag für Malerei an der Hochschule für Gestaltung (HfG) in Offenbach am Main inne. Seit 1982 ist er Honorarprofessor an der HfG Offenbach. Internationale Arbeitsaufenthalte und Auftritte in London, Rom und Florenz prägten sein Schaffen. Sein Werk prägen intensive und lange Auseinandersetzung mit der Kunst und fundierte Erfahrungen von mehr als 40 Jahren.
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23 P Ausbildung

21 P Arbeit

20 P Aussagekraft

Wie war dein künstlerischer Werdegang?

Ich hatte das Glück mit 10 Jahren durch einen Freund meiner Familie auf die Malerei hingewiesen zu werden. Seitdem habe mich kontinuierlich und zielgerichtet mit malerischen Problemen auseinandergesetzt. Parallel zum Studium der Malerei habe ich mich intensiv mit der Kunstgeschichte auseinandergesetzt und dabei sehr bald begriffen, dass man verstehen muss, in welchen zeitlichen Ablauf man hineingeboren wurde und in welchem geschichtlichen Zusammenhang man steht. Diese Auseinandersetzung ermöglicht einem, eine Problemstellung zu entwickeln, die dann die Malerei etwas nach vorne weiterentwickelt. Auf mich bezogen ist dies das Problem der Modulation, an welcher ich nun seit über 50 Jahren arbeite.

Gibt es etwas oder jemanden, der dich beeinflusst?

Beeinflusst haben mich im Wesentlichen die Venezianer, weil dort ein Sfumato, eine atmosphärische Wirkung der Farbe entwickelt wurde. Das hat mich immer von klein auf begeistert und ich ruhte nicht, bis ich selbst an einem Punkt war, wo ich so etwas formulieren konnte.

Wenn man sich mit Malerei beschäftigt, kommt man an den Venezianern nicht vorbei, die mit ihrem Schaffen einen Höhepunkt in der Malereigeschichte bilden. Zu diesen großen Meister des 16. Jahrhunderts gehören Tizian, Tintoretto und Veronese, die eine unglaubliche Sensibilität und eine Sinnlichkeit in der Farbe formuliert haben. Diese Sinnlichkeit ist das Volumen, das Cézanne später mit Flecken im Aufbau seines Bildes erreicht hat. Genau das denke ich weiter, genau diesen Prozess entwickle ich weiter, indem ich eine Art Modulation entwickle, die diese atmosphärische, lichthaltige Wirkung der Farbe in Schichten realisiert vorführt.

Wie entstehen deine Bilder?

Meine Bilder entwickeln sich wie bereits gesagt von innen nach außen, vom Hellen ins Dunkle. Dabei ist die Farbe, die kalt-warm Schwingung, ganz wichtig. Durch diese Schwingung entsteht eine farbräumliche Plastizität und diese erlaubt mir eine transparente Farbvibration in meinem Bild zu erzeugen.

Der Bildprozess, in welchem ich mein künstlerisches Wissen und kunstgeschichtliche Zusammenhänge mit einbinde, ist ein Abenteuer und entwickelt sich jeden Tag, in jeder Minute anders. Wenn ich in den malerischen Prozess einsteige wechselt immer Aktion und Reflexion. Während ich eine spontane Setzung mit einem mit Farbe gefüllten, flachen Pinsel mache reflektiere ich im gleichen Atemzug, was diese Farbe, diese Setzung bewirkt. So entsteht eine Interaktion zwischen Spontanität und Reflektivität, die den Bildprozess bestimmt.

Worum geht es dir in der Malerei?

Malerei ist für mich ein Wesensausdruck. Das heißt, alles was in mir vorgeht, was ich sprachlich oder in anderen Medien nicht formulieren kann, formuliert meine Malerei.

Ferner geht es mir um die oben erwähnte Modulation. Modulation ist eine malerische Problematik, eine malerische Auswirkung der Farbe auf der Fläche, indem sie nicht flach bleibt, sondern eine Körperlichkeit entwickelt.

Möchtest du etwas mit deiner Kunst aussagen?

Wenn man sich mit Malerei beschäftigt, kommt unabdingbar die Frage: wo stehe ich als Maler und was habe ich meiner Zeit zu sagen? Das bedeutet, ich muss die Geschichte der Malerei kennen und zugleich meine Wesenheit, meine Möglichkeiten und meine Art der Begabung erforscht haben. Aus dem Verbinden dieser beiden entsteht dann eine Sicht auf die Malerei, die möglichst innovativ die malerischen Probleme in dieser Zeit weiter nach vorne bringt.

Meine Bilder formulieren Malerei, sie drücken in dem Sinne nichts aus, müssen weder etwas darstellen oder wiedergeben und sie müssen nichts abbilden. Ich lebe Malerei und diesen Vorgang der Wesensgestaltung der Farbe zeigt das Bild.

Wer und was inspiriert dich?

Das können Erfahrungen aus der Natur, innere Landschaften und Seelenbilder sein. All das wird in Farbe transportiert, aber nicht in dem Sinne, dass ich etwas darstelle oder abbilde, sondern dass ich etwas entwickle, das sozusagen ein Kunstraum ist.

Die Natur ist eine unerschöpfliche Inspirationsquelle. Einflüsse, Erfahrungen und Erlebnisse verwandle ich quasi zu einer inneren Landschaft und äußere sie als zweite Natur in meinen Bildern. Dabei ist wichtig zu wissen, dass meine Malerei nicht abstrahierend von der Natur zum Bild kommt, sondern gerade umgekehrt. Ich entwickle eine Bildrealität, die auf die Natur rückverweist. Das ist ein neuer Zusammenhang.

Welche Techniken bevorzugst du?

Mein Bild entwickelt sich von innen nach außen, vom Hellen ins Dunkle. Dadurch entsteht zwischen dem Betrachter und dem Bildgrund eine farbräumliche Schwingung. Diese Schwingung bildet eine Vitalität, eine Sinnlichkeit der Farbe, die das Bild am Schluss als Objekt begreift und so die Modulation das ganze Bild thematisiert.

Die früheren Arbeiten haben sich, gemäß der Sfumato Technik, mit Eitempera und Harzölfarbe entwickelt. Die neueren Arbeiten der letzten 20 Jahre haben die Technik der Acrylfarbe zum Grunde und ich lasiere mit diesen Farben Transparente und Schichtungen auf der Bildoberfläche. Diese Technik erlaubt mir eine sinnliche Schwingung und ein Volumen im Bild zu erzeugen, so dass das Bild zum Objekt wird.

Gibt es Farben und Formen, die du bevorzugst?

Ich habe keine bestimmten Vorlieben und versuche auch in meinen Bildern die ganze Palette der Farbe zu realisieren. Im Gegensatz zu Barnett Newmans Spruch ‚Wer hat Angst vor Gelb, Rot und Blau?‘, ich habe vor keiner Farbe Angst. Ganz im Gegenteil, ich möchte jede Farbe in ihrem Bereich so weit beherrschen, dass ich Sie in aller Komplexität ausformen und benutzen kann.

Form ist für mich ein geistiger Begriff, ein Begriff der strukturellen, ganzheitlichen Auffassung, die sich in der Ganzheit des Bildes zeigt. Ganz im Gegensatz zu früher wo die Form eine abbildende, darstellende und beschreibende Funktion hatte.

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Wie arbeitest du?

Meine Bilder entstehen am Boden, weil Lasurtechnik eine sehr dünne, transparente Farbe beinhaltet. Oft bilde ich Farbseen auf der Fläche, damit ich diese Schichtung der Farbe hinbekomme und das geht nicht als Staffeleibild in der Vertikalen.

Des Weiteren hat das Malen am Boden den Vorteil, dass ich drumherum gehen kann. Ich muss nicht definieren, was oben und unten ist, weil ich nichts mehr abbilde oder darstelle wie die abstrakte Malerei, sondern weil ich das Bild zum Farbkörper entwickle.

Was ist dir wichtig?

Mein Lebensgang besteht daraus, dass ich eine Identität mit der Malerei bilde und nicht Bilder produziere. Ich arbeite an einem Problem, erarbeite eine Position, denke und entwickle die Gedanken der Venezianer, Cézannes und Turners weiter.

Welche Ziele hast du?

Das Ziel dieses Malprozesses - der Aufbau des Bildes - mündet darin, dass eine neue Erfahrung in mir reift, die Glück und emotionale Freude entstehen lassen. Das muss sich ebenso auf den Betrachter übertragen. Wenn mir dies gelingt ist die Malerei und ihr Sinn erreicht.

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